Tim Wehrle

Digitalisierung , Persönlich |

1440 Geister Lehrer: Wie ein 20 Jahre alter Software-Bug Baden-Württemberg austrickste

Stell dir vor, du planst seit Jahren deine Schulstunden, rechnen mit genügend Lehrern und dann stellt sich heraus, dass 1440 davon nur in einem Computer existieren. Genau das ist in Baden-Württemberg passiert. Ein IT-System namens "DIPSY-Lehrer" hat zwei Jahrzehnte lang fleißig Phantomstellen gezählt.


Was da schief gelaufen ist

DIPSY-Lehrer läuft seit 2005. Damals war das System wahrscheinlich ganz ok, aber nach 20 Jahren ist es wie ein Auto, das nie zum TÜV musste. Irgendwann summieren sich die kleinen Macken zu einem großen Problem.

Das System hat einen simplen, aber verheerenden Fehler: Es addiert Jahr für Jahr neue Lehrerstellen zu seiner internen Liste, vergisst aber zu prüfen, ob diese Stellen tatsächlich besetzt sind. Wie ein defekter Zähler, der einfach weiterläuft.

Jedes Jahr kamen so 80-100 Phantomstellen dazu. Nach 20 Jahren macht das eben 1440 Geisterlehrer.

Wer hätte das verhindern können?

Ehrlich gesagt: fast jeder in der Kette.

Die IT-Abteilung hätte regelmäßig testen können, ob die Zahlen noch stimmen. Ein simpler Abgleich mit den tatsächlich angestellten Lehrern hätte gereicht.

Die Verwaltung hätte stutzig werden können, als die Lehrerzahlen Jahr für Jahr stiegen, während gleichzeitig überall über Lehrermangel geklagt wurde.

Und die Führungsebene? Die hätte spätestens nach ein paar Jahren mal nachfragen können, warum trotz steigender Lehrerzahlen immer noch Unterricht ausfällt.

Was das für echte Menschen bedeutet

Während das System fröhlich Phantomlehrer zählte, standen echte Schulkinder vor leeren Klassenzimmern. Schulleiter mussten improvisieren: pensionierte Kollegen reaktivieren, Quereinsteiger suchen, Stunden zusammenstreichen.

Das ist besonders bitter, weil das Budget da war und zwar 110 bis 120 Millionen Euro pro Jahr. Nur hat niemand gemerkt, dass man es ausgeben könnte, um echte Lehrer einzustellen.

Kein Wunder, dass Eltern und Schulen langsam das Vertrauen verlieren. Wenn die Verwaltung nicht mal weiß, wie viele Lehrer sie hat, wie soll sie dann den Schulalltag planen?

Wie man sowas verhindert

Die Lösung ist eigentlich simpel:

Regelmäßig hinschauen: Einmal im Jahr sollte jemand die Zahlen mit der Realität abgleichen. Nicht rocket science.

Moderne Software-Entwicklung: Tests schreiben, bevor man Code ändert. Das machen sogar kleine Startups heute standardmäßig. Wobei. Wenn die Zeit nicht da ist, dann gibt's auch keine Tests. Dann liegt das Problem aber in der Planung.

Eigene IT-Teams aufbauen: Statt immer wieder externe Berater zu holen, die nach drei Monaten wieder weg sind, sollte man Leute haben, die das System wirklich kennen.

Mein Fazit

Diese Geschichte ist peinlich, aber sie zeigt ein Problem, das überall in der öffentlichen Verwaltung existiert: Alte Software, die niemand mehr richtig versteht, und Prozesse, die seit Jahren nicht hinterfragt wurden.

Das Gute daran: Es wäre relativ einfach zu beheben. Ein bisschen gesunder Menschenverstand, ein paar moderne IT-Praktiken und regelmäßige Realtity-Checks würden reichen.

So hätten Schulkinder wieder volle Stundenpläne, auch wenn sie vielleicht zunächst glücklich darüber waren, dass so viel Unterricht ausfällt.